Die Ankunft eines Babys in eine Familie ist eine freudige Nachricht. Ebenso wie neue Erdenbürger zu begrüßen, gilt es aber auch, verstorbene Familienmitglieder zu verabschieden und zu betrauern. Bei mir lagen diese Ereignisse schmerzlich dicht beieinander. Zwischen der Geburt meines ersten und zweiten Kindes habe ich meinen Vater verloren. Und neben allem Schmerz, der meinen Körper übermannte, musste ich mir zudem Gedanken darüber machen, wie meine damals knapp 1,5 Jahre alte Tochter die Situation erleben würde. Ist eine Beerdigung für ein Kind nicht vielleicht zu traumatisch?
Dies sind meine Erfahrungen, die ich gerne mit dir teile. Aber jede Situation und jedes Kind ist unterschiedlich und du kennst dich und dein Kind am besten. Höre in einer solchen Situation auf dein inneres Bauchgefühl und lass dich nicht durch vermeintlich gut gemeinte Ratschläge von außen verunsichern.
Kinder und Trauer
Einen geliebten Menschen zu verlieren, gehört zu den mit Abstand schmerzvollsten Erfahrungen im Leben. Aber beim Trauern ist es für Mamas so ähnlich wie mit dem krank sein. Irgendwie müssen wir weiter funktionieren, wir werden schließlich gebraucht. Ich habe mich gefragt, was es mit meinem Kind macht, seine Mama so trauern zu sehen, seine Oma so trauern zu sehen. Damals hat es sie auch so sehr erschüttert, dass sie sich an mich gekuschelt und mitgeweint hat. Kleinkinder reagieren so viel stärker als Erwachsene auf Stimmungen. Natürlich konnte sie es nicht verstehen, was es hieß, dass ihr Großvater verstorben war. Aber sie verstand, dass wir trauerten, fühlte mit uns, wollte trösten. Mir wiederum half es, mich aufzuraffen und weiterzumachen.
Auf eine Beerdigung mit Kind?
Meine Gedanken kreiselten darum, ob ich mein Kind zur Beerdigung mitnehmen sollte oder nicht. Würde es meine Tochter traumatisieren, ihre Mutter so leiden zu sehen? Würde sie die Zeremonie stören und damit den Abschied von meinem Vater noch erschweren?
Letzten Endes habe ich sie mitgenommen. Es ging schließlich nicht nur um mich. Sie hatte ihren Opa verloren, auch wenn sie das noch nicht begreifen konnte. Es stand mir nicht zu, sie davon fernzuhalten, seinen letzten Weg zu begleiten. Und schließlich war ich so froh darüber! Sie hat die Stimmung in der Trauerhalle aufgefangen und sich sehr zurückhaltend benommen. Am Trauerzug ließen wir sie selbst laufen, sie lief ganz nach vorne und lief würdevoll voran. So gab sie ihrem Opa das letzte Geleit und machte uns allen den Weg etwas leichter. Nach der Zeremonie bekam ich viel Bestätigung von Familienmitgliedern und Verwandten, gerade den Älteren. Es sei doch so schön, wenn Enkel da wären, was für ein Glück, dass mein Vater das noch habe erleben dürfen und so würde ein Teil von ihm nun weiterleben.
Mit deinem Kind über den Tod sprechen
Meine Tochter spricht manchmal von ihrem Opa, der schon verstorben ist. Wahrscheinlich weil sie in eine christliche Kita geht, kam sie selbst zu dem Schluss, dass ihr Opa jetzt ein Engel ist, im Himmel wohnt und auf sie aufpasst. Sie schaut sich gerne Fotos an, auf dem sie als Baby mit ihm abgebildet ist und so wurde es auch für mich etwas normaler und mit der Zeit weniger schmerzvoll, darüber zu sprechen. Sie fragt mich Dinge, die ich ihr nicht beantworten kann. Ob Engel auch essen oder schlafen. Und sie ist ungehalten, weil ich ihr nicht alles erklären kann. Aber der Tod gehört zum Leben und obgleich ich ein Kind ihres Alters nicht proaktiv damit konfrontieren würde, hat sie einen liebevollen wie ehrlichen Umgang damit verdient. Erstaunlicherweise hat sie dadurch auch einen recht selbstverständlichen Zugang dazu bekommen, dass Menschen versterben und dass das Leben vergänglich ist.
Nimm dir selbst Zeit zum Trauern
Bei aller Sorge um dein Kind, brauchst du selbst auch Zeit zum Trauern und zum Verarbeiten des Erlebten. An manchen Tagen habe ich mich tagsüber so sehr zusammengerissen, dass abends alles aus mir heraussprudelte, sobald meine Tochter endlich im Bett war. Es ist ok, Gedanken zeitweise hinten anzustellen, um die Herausforderungen des Alltags zu bewältigen. Aber du brauchst Zeit für dich, um zu Verarbeiten statt zu Verdrängen. Frage aktiv nach Hilfe! Sicherlich sind Verwandte, Freunde, Nachbarn oder bekannte Mamas aus der Kita sofort zur Stelle, wenn du mal ein paar Stunden Zeit für dich brauchst. Aber häufig ist das Umfeld unschlüssig, wie sie dir am besten helfen können, viele ziehen sich eher zurück und wollen dir Raum lassen. Das ist lieb gemeint, aber häufig nicht hilfreich. Deswegen frage proaktiv nach Unterstützung und du wirst sie bekommen, da bin ich ganz sicher. Selfcare für Mamas kommt grundsätzlich zu kurz und in diesen Situationen sollte man mehr den je darauf achten.
Beerdigung und Trauer für ein Kind – ein Teil des Lebens
Mein Kind kann sich an die Beerdigung nicht erinnern, aber durch die Fotos weiß meine Tochter, dass sie dabei gewesen ist und das findet sie gut. Ab und an gehen wir auf den Friedhof. Meine Kids haben großen Spaß dabei, das Grab zu gießen und ein Kerzchen anzuzünden. Sie sind manchmal laut und auch sehr interessiert an Grabsteinen und Grabschmuck anderer Gräber. Allerdings habe ich glücklicherweise noch nie einen anderen Friedhofsbesucher gesehen, der sich an meinen Kindern gestört hätte. Alle Hintergliebenen trauern, aber wir alle haben gemeinsam, dass das Leben weitergeht, ob wir das wollen oder nicht. Unsere Kinder, Enkel und Urenkel sind das schönste Zeichen dessen, dass die Welt sich weiterdreht und wir uns dem Leben zuwenden können, in denen unsere Verstorbenen weiterleben.